Öffentliche Stellungnahme zur Beschlussvorlage Flächennutzungsplan
Bahnhofstraße an der Hauptpost vom 06.06.2019 an CDU Ratsfraktion
Sehr geehrter Herr Rüstemeier,
wir von der Umweltschutzorganisation Greenpeace Flensburg haben Ihre gemeinsam mit
Herrn Richert verfasste Beschlussvorlage vom 06.06.2019 zur Kenntnis genommen und
sind etwas überrascht aufgrund Ihrer Begründung zum Antrag.
Sie erwähnen, dass durch den Beschluss des Umwelt- und Planungsausschusses ein
Imageschaden für die Stadt Flensburg erstanden sei. Den können wir nicht feststellen, da
nach unserer Auffassung doch eher ein positives Image entsteht und im Grunde auch ein
verantwortungsvolles Handeln, wenn die zuständigen Gremien der selbsternannten
Klimastadt Flensburg den Naturschutz bei der Stadtplanung berücksichtigen.
Außerdem sprechen Sie das Umweltgutachten zu diesem Projekt an, welches Ihrer
Auffassung nach durch die Bebauung eine positive Wirkung auf den dortigen
Fledermausbestand haben wird.
Hierbei müssen wir nach unserem Kenntnisstand und gemeinsamer fachlicher Recherche
mit dem NABU Flensburg eindeutig widersprechen.
Ihre Aussage bezieht sich wohl auf das ergänzende Fledermausgutachten, wonach das
geplante Parkhaus die Lichtemissionen vom Fuhrbetrieb der Post abschatten kann.
Allerdings ist dieses Gutachten in der Berücksichtigung der Lichtemissionen nicht ganz
vollständig zum Gesamtprojekt, denn neben dem Wald soll nach Vorstellung der Planung
ein siebenstöckiges Hotel entstehen, welches aus den Fenstern in Kronenhöhe auf 86 m
Breite eine nächtliche Belichtung verursachen würde, die somit eine viel größere Störung
darstellt, als der derzeitige Fuhrbetrieb der Post. Wie sich dies positiv auf den Bestand der
Fledermausarten auswirken soll, findet in Ihrer Begründung zum Antrag keine schlüssige
Antwort, und in den Planungs-Unterlagen, die dem SUPA am 06.04.2019 vorgelegen
haben, finden sich keinerlei Maßnahmen, die dieses Problem lösen würden. Das
Fledermaus-Gutachten erwähnt dieses Problem nicht. Im Artenschutz-Gutachten
derselben Gutachter-Firma steht jedoch viel darüber, wie wichtig es ist, die unbeleuchtete
Lebensraum-Qualität des Habitats zu erhalten, weil sonst „Verbotstatbestände“ aufträten:
Punkt 7.2
„Eine Ausstrahlung in den verbleibenden Grüngürtel muss vermieden werden.“
Außerdem lässt sich der Vorteil der Beschattung gegenüber dem Postbetrieb laut dem
gleichen Gutachten nicht mit der Fällung von Bäumen gegenrechnen.
Wir würden uns zu diesem Punkt über eine Erklärung von Ihnen freuen, um eventuelle
Missverständnisse auszuschließen.
Das biologische Gutachten spricht vom Nachweis von vier streng geschützten
Fledermausarten, welche hohen rechtlichen Schutz genießen. (§7 BnatSchG)
§44 BnatSchG
„Es ist verboten, ... – (2) wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der
europäischen Vogelarten während er Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-,
Überwinterungs-, und die Wanderungszeiten erheblich zu stören; Eine erhebliche Störung
liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer
Art verschlechtert.“
Der Bau eines Parkhauses und Hotels in der geplanten Größenordnung ist wohl
zweifelsfrei eine erhebliche Störung nach dem Bundesnaturschutzgesetz, zumal auch der
massive Eingriff in ihren Lebensraum durch die Rodung der Bäume stattfinden soll.
Zusätzlich stehen zwei der nachgewiesenen Fledermausarten, die Rauhhautfledermaus
und die Breitfügelfledermaus, auf der Roten Liste der in Schleswig-Holstein gefährdeten
Arten.
Das Fledermausgutachten kommt außerdem zu dem Schluss:
Punkt 5.
„Das Plangebiet hat eine lokal bedeutsame ökologische Funktion für Fledermäuse und stellt
innerhalb der Stadt Flensburg mit vier nachgewiesenen Arten ein schützenswertes Habitat
dar.“
Die Planung sieht eine Rodung von 60 Bäumen laut Baumregister vor. Dass dadurch der
Schutz des Habitats Beachtung findet, erschließt sich uns nicht und ist unserer Auffassung
nach ein Verstoß gegen geltendes Recht.
Die Ersatzpflanzung im Verhältnis 1:3 ist grundsätzlich löblich, kann allerdings den Verlust
an Effekt auf das innerstädtische Kleinklima nicht ausgleichen, da sie am Stadtrand
erfolgen soll. Ebenfalls steht dieses Vorgehen zum Klimapakt der Stadt Flensburg im
Widerspruch. Denn bis der Effekt der CO2-Speicherung der Ersatzpflanzungen den jetzigen
Umfang des Bahnhofswaldes erreicht, vergehen Jahrzehnte. Es besteht ein akuter
Handlungsbedarf in der Klimapolitik bei allen politischen Gremien in den nächsten Jahren,
damit eine Verschlechterung des Weltklimas noch verhindert werden kann.
Ebenfalls wurde die Bedeutung gerade von innerstädtischen Wäldern im Punkt
Naturschutz und Artenvielfalt aktuell vom Bundesumweltministerium im Masterplan
Stadtnatur hervorgehoben. Nachzulesen ist dies in einer Pressemitteilung des BUM vom
06.06.2019 und auf den Internetseiten des BUM und des BfN.
https://www.bfn.de/themen/planung/siedlungsbereich/schutz-und-entwicklun....
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Insofern widerspricht Ihre Beschlussvorlage auch der Politik der Bundesregierung.
Bäume haben aus folgenden Gründen eine positive Wirkung für das Klima in einer
Innenstadt:
- Sie sorgen für eine wichtige CO2 Speicherung
- Sie produzieren Sauerstoff
- Sie dienen als Lärmschlucker und spenden Schatten
- Sie binden Feinstäube und andere Partikel und reinigen somit die Luft
- Sie regulieren über die Beeinflussung der Luftfeuchte ihre Umgebungstemperatur
Außerdem haben gerade ältere Bäume oder Bäume mit verschiedenen Strukturen durch
Rinden-, Stamm- und Kronenschäden noch einen besonderen ökologischen Wert. Sie
bilden Kleinstlebensräume (Mikrohabitate) für zahlreiche höchst unterschiedliche
Lebewesen und tragen somit maßgeblich zur Erhöhung der biologischen Vielfalt bei.
Uns ist durchaus bewusst, dass Ihre Partei andere Interessen gegenüber dem
Umweltschutz höher stellen, hoffen aber, dass dieses Schreiben bei Ihnen und Ihrer Partei
Akzeptanz findet und möchten Sie aufrichtig bitten unsere Einwände ernst zu nehmen,
ihnen ein notwendiges Maß an Aufmerksamkeit zu widmen und Ihre Antragstellung zur
Beschlussvorlage nochmals in Ihrer Ratsfraktion zu überdenken.
Wir bieten zudem die Bereitschaft sich mit Ihnen und Ihrer Fraktion zu einem konstruktiven
Gespräch zu treffen, um andere Vorschläge zu erörtern, wie die Interessen von
Stadtentwicklung und Naturschutz im Bahnhofsviertel vereinbar sind.
Denn gerade der aktuelle Ausgang der Europawahl hat gezeigt, dass es in Deutschland ein
gesellschaftlich hohes Interesse am Klimaschutz gibt und die Ergebnisse der Wahl sollten
als Mandat für eine grundlegend neue Klimapolitik von allen demokratischen Parteien
gewertet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Green